Was ist ein Diebstahl eigentlich?
Nicht alles, was landläufig als Diebstahl bezeichnet wird, ist auch einer. Ich, als Ihr Anwalt für Strafrecht in München, kläre Sie auf.
Wann ein Diebstahl vorliegt, wird in § 242 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Der Täter oder die Täterin begeht einen Diebstahl, indem er oder sie einer anderen Person eine „fremde bewegliche Sache“ wegnimmt und die Absicht hat, diese entweder sich selbst oder einer dritten Person rechtswidrig anzueignen.
Unter einer Sache wird ein Gegenstand verstanden, der beweglich sein muss. Das heißt, Immobilien kann man nicht klauen. Ebenso wenig ist das Abzweigen von Strom ein Diebstahl, weil Strom kein Gegenstand ist (die Entziehung elektrischer Energie ist aber trotzdem nach § 248c StGB strafbar). Die Sache muss darüber hinaus “fremd” sein, d. h. einem anderen gehören. “Wegnehmen” heißt: Der Täter oder die Täterin muss eine Sache weggenommen haben, die sich vorher in Gewahrsam einer anderen Person befand. Durch den Diebstahl wird ein neuer Gewahrsam geschaffen.
Zum Beispiel nimmt der Täter das Parfüm aus dem Regal der Parfümerie (und bricht damit den Gewahrsam der Parfümerie) und steckt es in seine Tasche (und begründet damit eigenen Gewahrsam). Wenn die Täterin aber beispielsweise einen Mietwagen nicht zurückgibt, sondern ins Ausland verkauft, begeht sie keinen Diebstahl, weil sie den Wagen nicht “weggenommen” hat, sondern eine Unterschlagung, die natürlich auch strafbar ist.
Der Täter oder die Täterin muss schließlich die Absicht haben, sich die Sache rechtswidrig anzueignen und sie damit für sich zu gewinnen und andere von ihr auszuschließen.
Auch ein Versuch ist strafbar.
Strafmaß bei Diebstahl
Nach § 242 StGB droht bei einem Diebstahl entweder eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Die Höhe der Strafe ist unter anderem von der Schwere der Tat und den Umständen des Diebstahls abhängig.
Kleinere Diebstähle eines Ersttäters werden meist mit einer geringen Geldstrafe (um die 30 Tagessätze) geahndet. Die Höhe eines Tagessatzes beträgt ein Dreißigstel des monatlichen Nettoeinkommens des Täters oder der Täterin. Bezieht die Person Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV), liegt ein Tagessatz bei 5-15 Euro.
Diebstahl geringwertiger Sachen
Von einem Diebstahl geringwertiger Sachen wird ausgegangen, wenn der Sachwert unter 50 Euro liegt. Er wird nur verfolgt, wenn die geschädigte Person es beantragt oder die Staatsanwaltschaft das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht, was oft der Fall ist. Aber auch hier liegt der Teufel im Detail: Beispielsweise hat eine geklaute EC-Karte zwar einen geringen Sachwert, aber dennoch kann man damit enormen Schaden anrichten. Deshalb zählt die EC-Karte nicht zu den geringwertigen Sachen.
Ladendiebstahl
Beim Ladendiebstahl handelt es sich nicht um einen eigenen Straftatbestand, weshalb hier § 242 StGB Anwendung findet. Ein Ladendiebstahl liegt bereits vor, wenn der Täter oder die Täterin den entwendeten Gegenstand eingesteckt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Täter oder die Täterin sich die Sache dann anders überlegt und den Gegenstand wieder zurückstellen will.
Besonders schwerer Diebstahl
Der besonders schwere Diebstahl wird in § 243 StGB geregelt. Er liegt zum Beispiel vor, wenn der Täter oder die Täterin in einen Raum oder ein Gebäude einbricht oder einen Gegenstand entwendet, der besonders gegen Diebstahl gesichert ist (zum Beispiel ein Fahrrad stiehlt und zu diesem Zweck das Schloss durchsägt oder ein Kleidungsstück klaut und das Sicherungsetikett entfernt). Die Strafe ist dann eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren.
Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl, Wohnungseinbruchsdiebstahl
Noch schwerere Formen des Diebstahls regelt § 244 StGB. Wenn die Täterin oder der Täter beim Diebstahl eine Waffe mit sich führt, folgt eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahren. Gleiches gilt, wenn der Täter oder die Täterin Mitglied einer Diebesbande ist (dafür reichen schon drei Täter aus!).
Für den Einbruch in ein Wohnhaus gibt es gar eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis 10 Jahren.
Welches Strafrecht findet bei Diebstahl Anwendung?
Die oben genannten Strafrahmen für die verschiedenen Arten des Diebstahls gelten für Erwachsene. Ist die Täterin oder der Täter zur Zeit der Tatbegehung noch keine 18 Jahre alt, gelten diese Strafrahmen nicht, sondern es kommt Jugendstrafrecht zur Anwendung. Während das Jugendstrafrecht einen erzieherischen Charakter hat, soll das Erwachsenenstrafrecht bestrafen.
Das Jugendstrafrecht nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) unterscheidet zwischen Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren und Heranwachsenden, die bei Begehung der Straftat noch nicht 21 Jahre alt waren. Bei Heranwachsenden zwischen 18 und 20 Jahren wird im Einzelfall unterschieden, ob die begangene Tat nach dem Jugendstrafrecht oder dem allgemeinen Strafrecht geahndet wird. In der Praxis wenden die meisten Gerichte jedoch das Jugendstrafrecht an.
Anzeige wegen Diebstahls erhalten
Haben Sie von der Polizei eine Ladung als Beschuldigter oder Beschuldigte erhalten, sollten Sie einen Rechtsbeistand kontaktieren. Dieser kann Akteneinsicht beantragen und prüfen, welche Informationen der strafverfolgenden Behörde vorliegen. Sie können und sollten zunächst die Aussage verweigern und sind nicht verpflichtet, zu einem Vorladungstermin zu erscheinen. Ihr Anwalt bespricht mit Ihnen die weitere Vorgehensweise und vereinbart mit Ihnen, welche folgenden Termine Sie wahrnehmen sollten.
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